Am 18. November 2024 lud der Think-Tank TRANSIT in die Photobastei in Zürich ein, um vertieft über Future Skills zu reflektieren und zu diskutieren. Gemeinsam dachten die Teilnehmenden über zukünftige Anforderungen an die Erwachsenenbildung im Kontext einer sich wandelnden Gesellschaft nach. Im Mittelpunkt stand unter anderem die Frage, wie Future Skills über die Förderung individueller Kompetenzen hinaus auch gesellschaftliche Visionen und Werte einbeziehen können. Die Verbindung aus theoretischen Impulsen, kritischer Reflexion und kreativen Ansätzen bot eine Plattform, die zum Visionieren anregte.
Die Photobastei als Ort für kreative Begegnungen
Die Veranstaltung zog eine bunt gemischte Gruppe von Teilnehmenden an, die die Vielfalt der Erwachsenenbildung widerspiegelte. Neben Vertreterinnen und Vertretern von Weiterbildungsinstitutionen waren auch Selbständige, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen vertreten. Gemeinsam war den Teilnehmenden, dass sie gerne kreativ denken und sich für die Zukunft der Erwachsenenbildung interessieren.
Bild: Irena Sgier
Die Veranstaltung fand in der Photobastei in Zürich statt, einem Ort, der perfekt zur Arbeitsweise des Think-Tanks passt. Die Photobastei ist ein Raum, der sich durch seine provisorische Gestaltung und unkonventionelle Atmosphäre auszeichnet. Hier ist nichts fertig oder perfekt. Dieses Umfeld eröffnet Raum für kreative Prozesse und neue Perspektiven. Es lud die Teilnehmenden dazu ein, gewohnte Denkmuster zu hinterfragen und neue Ansätze für die Erwachsenenbildung zu entdecken.
Motivation für Future Skills
Zunächst tauschten sich die Teilnehmenden darüber aus, welche Ziele sie mit Future Skills verfolgen, was sie motiviert, sich mit Future Skills zu beschäftigen und welche Erfahrungen sie bereits gemacht haben. Die Antworten auf diese Fragen waren vielfältig und zeigten, dass Future Skills ein Thema ist, das in vielen Bereichen der Erwachsenenbildung relevant ist.
Bild: Irena Sgier
Impulsvortrag: Rahmen für die Diskussion
Um der Diskussion einen inhaltlichen Rahmen zu geben, warf Helen Buchs, Leiterin von TRANSIT, in einem Vortrag einige zentrale Fragen zur Rolle von Future Skills in der Erwachsenenbildung auf. Der Vortrag fasste einige Überlegungen aus dem Entwurf des nächsten TRANSIT-Trendberichts zusammen. Da der TRANSIT-Trendbericht zu Future Skills nicht nur eine Analyse bestehender Kompetenzraster bieten soll, war die kritische Auseinandersetzung mit den dahinterstehenden Zukunftsvorstellungen und gesellschaftlichen Visionen ein zentrales Element des Vortrags.
Im Vortrag wurde betont, dass Future-Skills-Rahmenwerke nicht universell gültig oder statisch seien, sondern von den spezifischen kulturellen und sozialen Kontexten geprägt seien, in denen sie entwickelt und angewendet würden. Diese kontextabhängige Perspektive erfordere von Bildungsinstitutionen nicht nur die Fähigkeit, flexibel auf unterschiedliche Anforderungen zu reagieren, sondern auch eine bewusste Reflexion der zugrunde liegenden Wertvorstellungen und Diskurse.
Ein weiterer zentraler Punkt des Vortrags war die Bedeutung von Future Skills als „Werkzeuge zur Zukunftsgestaltung“. Dies insofern, als unsere Zukunftsvorstellungen unsere aktuellen Handlungen beeinflussen würden und gleichzeitig Entscheidungen, die heute in der Erwachsenenbildung getroffen würden, auf die Bedingungen zukünftiger Gesellschaften einwirkten. Future Skills bedeuteten damit nicht nur eine Beschäftigung mit Kompetenzrastern, sondern auch mit der Zukunft. Auch Future-Skills-Rahmenwerke reflektierten weit mehr als die nur die Nachfrage nach Kompetenzen als Reaktion auf technologische und gesellschaftliche Trends. Die Beschäftigung mit Future Skills erfordere daher neue Räume, in denen Zukunftsvorstellungen kritisch hinterfragt und neu gedacht werden könnten.
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Implikationen für die Erwachsenenbildung im Umgang mit Future Skills
Im Mittelpunkt der nachfolgenden Diskussionen standen sieben Implikationen, die aus den im Vortrag vorgestellten Überlegungen zu Future Skills abgeleitet wurden. Diese reichten von philosophischen Überlegungen bis hin zu praxisorientierten Vorschlägen und wurden anschliessend in einem Open-Space-Format aufgegriffen. Die Teilnehmenden bewegten sich frei zwischen den Plakaten mit den Implikationen, brachten ihre Perspektiven ein und präsentierten anschliessend im Plenum einige zentrale Gedanken. Die Ergebnisse lassen sich ungefähr wie folgt zusammenfassen:
Zukunft als Raum von Möglichkeiten
Die Zukunft wird als ein Raum verstanden, der von Offenheit und Gestaltungsfreiheit geprägt ist. Die Diskussion drehte sich um die Frage, wie Bildungsakteure diesen Freiraum nutzen können. Es wurde danach gefragt, wie sie die Zukunft gestalten könnten und wann eine Reaktion auf Trends angebracht sei. Dabei wurde betont, dass es Mut und Offenheit brauche, um Chancen zu erkennen und zu nutzen. Das Stellen von Fragen wurde als zentraler Bestandteil hervorgehoben, um Gestaltungsoffenheit und Kreativität in Lernprozessen zu fördern.
Pluralität von Wandlungsprozessen und Kontextsensibilität
Es wurde diskutiert, dass die Vielfalt der Wandlungsprozesse in unterschiedlichen gesellschaftlichen und beruflichen Kontexten von der Erwachsenenbildung Szenarien-Offenheit fordere. Kontextsensibilität bedeute, auf die spezifischen Bedürfnisse und Realitäten der Lernenden einzugehen und diese als Ausgangspunkt für individuelle und kollektive Entwicklungsprozesse zu nutzen.
Beschleunigung und Vertiefung
In einer beschleunigten Welt sei die Fähigkeit zur Priorisierung zentral. Die Diskussion drehte sich um die Frage, wer entscheide, welche Inhalte relevant seien und welche nicht. Dabei wurde betont, dass weniger oft mehr sei: Nur durch die Auswahl wirklich relevanter Themen könnten Vertiefung und nachhaltiges Lernen ermöglicht werden. Es wurde der Wunsch nach einer Lernkultur geäussert, die bewusst Zeit für Priorisierung und Reflexion einräume.
Umgang mit zunehmender Komplexität
Bei dieser Implikation wurde diskutiert, wie Methoden und Reflexion eine Brücke zu einem besseren Verständnis schaffen könnten, ohne die Illusion zu erzeugen, alles erklären zu können. Akzeptanz für Unwissenheit und die Fähigkeit, Distanz einzunehmen, wurden als entscheidend hervorgehoben.
Dominante Diskurse über Bildung und Zukunft
Die Diskussion über Bildung wurde mit Fragen nach ihrer grundlegenden Zielsetzung verbunden: Geht es um Wissensvermittlung, um Grundkompetenzen oder um die Förderung von Resilienz und Kreativität? Ebenso wurde erörtert, welche Zukunftsvorstellungen den Diskurs bestimmten und wie die Erwachsenenbildung eigene Zukunftsbegriffe entwickeln könne. Diese Reflexion erfordere von Bildungsakteuren jedoch eine kritische Auseinandersetzung mit den Normen und Werten, die ihre Arbeit prägen.
Gestaltung der Zukunft und ethische Reflexion
Es wurde betont, dass ethische Überlegungen vor allem darin bestünden, Lernende zu befähigen, verschiedene Perspektiven zu reflektieren. Die Integration ethischer Aspekte in Bildungsprozesse erfordere, dass Bildung nicht nur auf Ergebnisse, sondern auch auf den Prozess der Auseinandersetzung mit Werten und Normen ausgerichtet sei.
Verknüpfung individueller Kompetenzförderung mit gesellschaftlichen Visionen
Ein zentraler Diskussionspunkt dieser Implikation war, wie individuelle Kompetenzförderung mit kollektiven Zielen verknüpft werden könne. Die Teilnehmenden betonten die Bedeutung von Neugier und Visionen, die in der Erwachsenenbildung Räume bräuchten. Gleichzeitig wurde die Verantwortung von Lehrenden hervorgehoben, ihre eigene Rolle kritisch zu reflektieren und zwischen individueller Leistung und kollektivem Wohlstand zu vermitteln.
Toolbox: Welche Instrumente kann TRANSIT kreieren, um die Denkanstösse für die Praxis nutzbar zu machen?
Abschliessend interessierte uns, wie die Inspirationen und Denkanstösse aus den Veranstaltungen und Trendberichten von TRANSIT besser für die praktische Arbeit von Akteuren in der Erwachsenenbildung nutzbar gemacht werden könnten. Das passende Format war die „Silent Discussion“. Die Teilnehmenden wurden eingeladen, ihre Gedanken und Visionen auf einem grossen Tisch zu visualisieren, der mit Packpapier bedeckt war.
Bild: Irena Sgier
Es wurde deutlich, dass die Teilnehmenden vielfältige Bedürfnisse und Erwartungen an Formate und Inhalte haben. Genannt wurde der Wunsch nach einer Community of Practice, die den Austausch von Erfahrungen und innovativen Perspektiven fördere. Gleichzeitig wurde ein Bedarf für eine Plattform mit kuratierter Information geäussert.
Einige Teilnehmende würden einfache und gut visualisierte Modelle schätzen, die komplexe Zusammenhänge verständlich darstellen. In eine ähnliche Richtung zielen Tools, die helfen, „out of the box“ zu denken. Dabei war es den Teilnehmenden wichtig, dass solche Formate keine starren Lösungen bieten, sondern genügend Flexibilität und Mobilität ermöglichen, um auf individuelle Bedürfnisse und spezifische Kontexte eingehen zu können.
Auf ein baldiges Wiedersehen
Das Programm war anspruchsvoll. Alle Teilnehmenden haben viel gearbeitet und visioniert. Beim leckeren und reichhaltigen Apero liessen wir den Abend ausklingen. Die Zukunft der Weiterbildung wurde jedoch auch in diesen Rahmen angeregt weiterdiskutiert.
Viele der gesammelten Gedanken und Vorschläge sollen in den kommenden TRANSIT-Trendbericht einfliessen, der Anfang 2025 veröffentlicht wird. TRANSIT dankt allen Teilnehmenden für ihre visionären Ideen.
Bild: Irena Sgier