Immer mehr Wissen und Wissensquellen: Wie geht die Weiterbildung damit um? 

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In modernen Gesellschaften gibt es immer mehr Wissen aus einer wachsenden Zahl von Wissensquellen. Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie die Weiterbildung Lernende im Umgang mit der wachsenden Flut an Informationen anleiten kann.

Wissen und Nichtwissen in Wissensgesellschaften 

Wir leben in einer Zeit, in der es immer mehr Wissen aus einer wachsenden Zahl von Wissensquellen gibt. Es ist nicht mehr möglich, das gesamte vorhandene Wissen zu erfassen oder zu verstehen. Und es kann sogar besser sein, gewisses Wissen zu ignorieren (siehe dazu das Interview mit Ralph Hertwig auf der TRANSIT-Webseite).  

Auch wenn die riesigen Mengen an Wissen und Wissensquellen zuweilen überfordern können, verstärkt sich doch die gesellschaftliche Bedeutung von Wissen. Durch die Vermehrung der Wissensquellen ist es möglich, rasante Fortschritte in diversen Bereichen zu machen – sei es in der Medizin, Technologie oder Kultur. Zudem bildet in «Wissensgesellschaften» Wissen die Grundlage für das Zusammenleben und ist bedeutsam für die Verteilung von Ressourcen (Bell, 1999; Böhme & Stehr, 1986).  

Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass das lebenslange Lernen in den heutigen Wissensgesellschaften enorm wichtig ist und ihre Bedeutung in Zukunft noch zunehmen dürfte.  Denn sie kann helfen, mit dem Informationszuwachs umzugehen. Die Weiterbildung dürfte sich in Zukunft jedoch auch mit Herausforderungen konfrontiert sehen, die durch die Pluralisierung von Wissensquellen und die zunehmende Komplexität des Umgangs mit Informationen entstehen.  

Pluralisierung von Wissensquellen  

Die Pluralisierung von Wissensquellen bedeutet, dass immer mehr Zugänge zu Wissen entstehen. Sie ist hauptsächlich den wachsenden technologischen Möglichkeiten durch die Digitalisierung geschuldet. Daneben verstärkt sich der Trend zu Open Access bei wissenschaftlichen Publikationen sowie teilweise bei Lernmaterialien. Dieser Trend macht Wissen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Damit können immer mehr Menschen auf immer grössere Mengen an Wissen frei zugreifen.  

Über digitale Kanäle können sie zudem eigenes Wissen oder Meinungen verbreiten. Dies birgt jedoch auch die Gefahr, dass kaum begründete Meinungen oder Alltagstheorien auf die Stufe etablierter Wissensquellen gestellt werden, und es entstehen Spielräume für absichtliche Desinformation (Bsp. Fake News oder Fake Science).  

Zunehmende Komplexität  

Der rasante Zuwachs an Wissen und Wissensquellen erhöht die Komplexität davon, wie Wissen erfasst, verknüpft und angewendet werden kann. Verstärkt wird dieser Trend dadurch, dass sich digitalisiertes Wissen laufend verändert, aktualisiert und in andere Zusammenhänge und Kontexte transportiert wird. 

Die zunehmende Komplexität stellt hohe Anforderungen an Einzelne und an die Bildungsinstitutionen. Denn trotz einer Flut an Informationen kann nur ein kleiner Teil davon aufgenommen werden und viele Informationen lassen sich nicht sinnvoll verarbeiten. Nur durch die Herausfilterung von wichtigen Informationen sowie deren Kontextualisierung kann Wissen auch im Sinn von Bildung verknüpft werden und bleibt nicht partikular und fragmentiert (Liessmann, 2012) 

Die Rolle der Weiterbildung 

Vor diesem Hintergrund zunehmender Wissensquellen und Komplexität sind Institutionen der Weiterbildung wie auch Ausbildende gefordert, ihre Teilnehmenden zu einem kompetenten und kritischen Umgang mit den vielfältigen Wissensquellen anzuleiten.  

Wie Felix Stalder in einem Interview mit dem Think Tank TRANSIT feststellt, müssen Ausbildner und Ausbildnerinnen nicht mehr primär Wissen vermitteln, sondern vielmehr in der Lage sein, das Wissen, das Lernende zusammentragen, einzuordnen. Er nimmt die Veränderungen so wahr: «Meine Aufgabe als Dozent besteht unter anderem darin, das dekontextualisierte Wissen, das die Studenten aus Suchmaschinen beziehen, in einen reflektierten, grösseren Zusammenhang einzubetten. Woher kommt das Wissen? Wohin geht es? Warum taucht es in diesem oder jenem Kontext auf?» (Stalder, 2019).  

Eine weitere zentrale Aufgabe der Weiterbildung ist die Vermittlung von digitalen Kompetenzen, wie der simplen Bedienung digitaler Geräte, der gezielten Suche im Internet oder neuerdings der Anwendung von Tools, die mithilfe von künstlicher Intelligenz Wissen zusammentragen. Denn wer nicht über diese Kompetenzen verfügt, kann viele der verfügbaren Wissensquellen nicht erreichen oder schnell erfassen und erlebt deshalb einen Ausschluss vom verfügbaren Wissen.  

Literatur 

Bell, D. (1999). The coming of post-industrial society: A venture in social forecasting (Special anniversary ed). Basic Books. 

Böhme, G., & Stehr, N. (Hrsg.). (1986). The Knowledge society: The growing impact of scientific knowledge on social relations. D. Reidel Pub. Co. ; Sold and distributed in the U.S.A. and Canada by Kluwer Academic Publishers. 

Liessmann, K. P. (2012). Theorie der Unbildung Die Irrtümer der Wissensgesellschaft. Zsolnay, Paul.