Lebenskompetenzen oder Fachwissen?


Wenn ich im Privaten im über TRANSIT spreche, werde ich oft gefragt, welches fachspezifische Wissen wir denn unbedingt lernen müssen, um in Zukunft auf dem Arbeitsmarkt nicht abgehängt zu werden. Beispielsweise wurde ich kürzlich um eine Einschätzung gebeten, wie es denn einem Unternehmen in der IT-Branche gelingen könne, dass die Mitarbeitenden mit dem rasanten technologischen Fortschritt mithalten können und immer wieder neue Tools erlernen.

Bei solchen Diskussionen versuche ich oft einzubringen, dass solche Fragen zwar schon wichtig sind, es auch in der Arbeitswelt aber kaum nur darum geht, möglichst viel Fachwissen zu sammeln und immer die neuesten Tools zu kennen.

Entscheidungen dank Lebenskompetenzen

Zu diesem Thema habe ich ein erhellendes Interview mit Marcella Milana, Vorsitzende der Europäischen Gesellschaft für Forschung über die Erwachsenenbildung (ESREA), im ELM-Magazin gelesen. Es beleuchtet, weshalb die Vermittlung von fachspezifischen Fähigkeiten in der Erwachsenenbildung nicht genügt. Milania meint darin: «Wir sollten uns von der Vorstellung lösen, dass sie lediglich Menschen sind, die Aufgaben ausführen. Der Mensch ist viel mehr als das: Erwachsene sind Bürger» Das bedeutet für sie, dass fachspezifische Fähigkeiten zwar helfen einen Job zu finden, es aber Lebenskompetenzen sind, die es den Menschen ermöglichen, bewusste Entscheidungen zu treffen.

Problemlösung und zivilgesellschaftliche Aufgaben

Genau dieser Gedanken führt zu meiner Überzeugung, dass Fachkompetenzen zwar wichtig sind, aber allein nicht ausreichen. Weiterbildung hat die wichtige Aufgabe, den Menschen dazu aufzufordern, sich mit sich und seiner Umgebung auseinanderzusetzen. Diese Auseinandersetzung betrifft nicht nur fachliche Entwicklungen im Beruf, sondern viel mehr, gerade auch im Arbeitsmarkt.

Erwachsene sind immer mehr in Entscheidungsprozesse eingebunden. Sie müssen komplexe Probleme verstehen und Lösungen gestalten. Dazu braucht es kognitive, soziale und personenbezogene Fähigkeiten und nicht bloss fachspezifisches Wissen. Auch Arbeitnehmende sind zudem in soziale Beziehungen eingebunden und sie haben zivilgesellschaftliche Aufgaben.

Es scheint es mir wichtiger zu sein, dass Personen am Arbeitsmarkt beispielsweise ihre Werthaltungen reflektieren, kritisch denken und emotional intelligent handeln, als dass sie genau wissen, wie das neueste IT-Tool funktioniert. Milania formuliert diesen Gedanken folgendermassen: «Das eigentliche Problem besteht darin, dass berufliche Fähigkeiten in einer reduzierenden Weise interpretiert werden und nicht berücksichtigt wird, dass es für die Gesellschaft von grundlegender Bedeutung ist, Erwachsenen die Möglichkeit zur kognitiven Entwicklung zu geben.»



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